Die vielen Gesichter der Reuss

164 Kilometer legt die Reuss von ihrem Ursprung im Gotthardmassiv bis zur Mündung in die Aare zurück. Unterwegs lädt sie Surfer und Kanufahrer ein und lehrt uns etwas über Wasserkraft und Naturschutz.

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Reuss

Als Furkareuss entspringt der viertlängste Fluss der Schweiz dem Mittleren Schwärziseeli oberhalb des Furkapasses. Kurz darauf trifft sie auf die Gotthardreuss, mit der sie fortan als Reuss unterwegs ist. Zwischen Andermatt und Göschenen zwängt sie sich durch die wilde Schöllenenschlucht. Mit ihren steilen Granitwänden war die Schlucht im Mittelalter eine Herausforderung bei der Erschliessung des Gotthardpasses, was angeblich sogar die Hilfe des Teufels beim Brückenbau erforderlich machte. Bei Flüelen mündet die Reuss in den Vierwaldstättersee. Bevor sie ihn in Luzern wieder verlässt, wird sie von der weltbekannten Kapellbrücke überquert. Auf ins Mittelland, vorbei an Honau, wo die Grenzen der Kantone Luzern, Zug und Aargau aufeinandertreffen. In Schleifen zieht der Fluss durchs Reusstal und umschlingt die Altstadt von Bremgarten. Naturbelassen fliesst sie weiter Richtung Wasserschloss in der Gegend Brugg / Turgi und mündet in die Aare.

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Auf 2 640 Meter über Meer entspringt die Reuss.

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Ab in die Fluten

Wer surfen will, muss nicht zwingend ans Meer. Was viele nicht wissen: Bremgarten ist ein Surfspot. Wenn die Reuss genug Wasser führt, entsteht beim Honegger-Wehr nahe der Kaserne eine stehende Flusswelle, auf der sich surfen lässt. Der Abfluss muss bei mindestens 200 Kubikmeter pro Sekunde liegen, was meist von Frühling bis Mitte Sommer oder nach ergiebigem Regen der Fall ist. Über ihren erfolgreichen Ritt können sich die Flusssurfer an der gemütlichen Feuerstelle austauschen.

Die Reuss bietet sich auch für Kanufahrten an. Eine beliebte Tagestour führt von Bremgarten nach Gebenstorf. Die 25 Kilometer verlaufen entlang der saftig-grünen, unter Naturschutz stehenden Ufer und um Inseln herum. Stromschnellen und eine geheimnisvolle Waldschlucht lassen das Kanufahrerherz höher schlagen.

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Im 1 230 baute der Teufel der Sage nach die erste Holzbrücke über die Reuss.

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Museum Reusskraftwerk Bremgarten-Bruggmühle

Museum Reusskraftwerk Bremgarten-Bruggmühle

Energie aus der Reuss

Mit 64 Lauf- und sechs Speicherkraftwerken gehört die Reuss nicht zu den grössten Playern unter den Schweizer Flüssen: Nur 6,4 Prozent des Stroms aus Wasserkraft stammen aus der Reuss. Darunter sind auch Kleinwasserkraftwerke mit einer Leistung unter zehn Megawatt. Sie gelten als besonders umweltfreundlich, weil sie einen geringeren Eingriff in Natur und Landschaft darstellen. Das Museumskraftwerk Bremgarten-Bruggmühle zeigt, wie die Wasserkraft zwischen 1281 bis in das frühe 19.Jahrhundert genutzt wurde. Interessierte erfahren dort mehr über die Stromerzeugung, Turbinen und Wasserräder, Wasserwiderstand oder elektrische Geräte «aus alten Zeiten».

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2 335 GWh Strom produziert die Reuss jährlich.

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1965 beschloss die Aargauer Bevölkerung, dass an der Reuss ab Bremgarten bis zur Aaremündung keine Anlagen zur Energieerzeugung erbaut werden dürfen. Vier Jahre später folgte der Beschluss von umfangreichen Naturschutzmassnahmen. Seither gilt das Reusstal als Paradebeispiel für Natur- und Landschaftsschutz. 327 Hektaren des Auenschutzparks Aargau liegen in der Reussebene. Der Neubau des Kraftwerks Bremgarten-Zufikon und der damit verbundene Aufstau der Reuss liessen den Flachsee – ein Eldorado für Vögel und ihre Beobachter – entstehen. So liefert die Reuss nicht nur Wasserspass und Energie, sondern auch Lebensraum und Erholung.