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Homeoffice – Arbeitsmodell der Zukunft?

Das Büro daheim ist momentan coronabedingt weit verbreitet. Vieles weist jedoch darauf hin, dass es sich nicht nur um einen vorübergehenden Trend handelt. Homeoffice wird auch künftig eine feste Rolle im Arbeitsleben haben.

Homeoffice – Arbeitsmodell der Zukunft?

Das Büro daheim ist momentan coronabedingt weit verbreitet. Vieles weist jedoch darauf hin, dass es sich nicht nur um einen vorübergehenden Trend handelt. Homeoffice wird auch künftig eine feste Rolle im Arbeitsleben haben.

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War Homeoffice vor einem Jahr für viele Arbeitnehmende, die vorwiegend im Büro arbeiten, eine neue Erfahrung, ist es inzwischen Normalität geworden: Doch welche Zukunftsperspektiven hat das «Büro zu Hause»?

Laut einer Umfrage durch das Statista Research Department unter rund 260 Entscheidungsträgern in der Schweiz im vergangenen Jahr erwarten 40 Prozent der Befragten, dass sich Homeoffice in Zukunft als fester Teil der Arbeitskultur etablieren wird. Und das aus guten Gründen: Laut der Umfrage steigert Arbeiten von daheim die Mitarbeiterzufriedenheit und erhöht die Produktivität. Offensichtlich entspricht Homeoffice einem Bedürfnis der Mitarbeitenden. «Der Wunsch nach mehr Homeoffice bestand bereits 2016 bei 87 % der Arbeitnehmenden, wobei der damalige Anteil am zeitweisen Homeoffice bei 28 % lag», sagt Prof. Dr. Arie Hans Verkuil von der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW (s. Interview). Gemeinsam mit Forschenden der FHNW und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW hat er eine Studie zur Umstellung von Büroarbeit auf Homeoffice während der Corona-Krise erstellt. Demnach fühlen sich mehr als 70 Prozent der 333 Befragten im Homeoffice wohl oder sehr wohl und möchten diese Art der Arbeitsorganisation auch in Zukunft beibehalten.

Herausforderungen für beide Seiten

Grundsätzlich bietet Homeoffice viele Vorteile: Pendler sparen sich den Arbeitsweg, was Kosten spart und auch der Umwelt guttut. Zudem gewinnen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr Flexibilität. Trotzdem bringt Homeoffice auch Herausforderungen mit sich. «Soziale Kontakte und persönliche Interaktionen innerhalb des Unternehmens fehlen vor allem dann, wenn nur noch im Homeoffice gearbeitet wird», sagt Mireille Brodmann, Leiterin Personal bei der AEW. Auch bestehe die Gefahr, dass die Bindung zum Unternehmen und zum Team abnehme. Zudem kämen auf die Führungskräfte grössere Herausforderungen zu, da sie auf Distanz unterstützen und führen müssen.

Die AEW steht dem Arbeiten aus der Distanz grundsätzlich offen gegenüber und ermöglicht dies ihren Mitarbeitenden schon seit geraumer Zeit. Arbeitsmittel, wie Notebooks mit Zugriff auf das Firmennetzwerk sowie Tools wie Skype und OneNote, werden zur Verfügung gestellt. Zudem unterstützt die AEW regelmässiges Arbeiten von zu Hause aus auch finanziell mit einer periodischen Vergütungspauschale.

Richtige Balance

Die Work Smart Initiative, 2015 von namhaften Schweizer Unternehmen ins Leben gerufen, verpflichtet die Unterzeichnenden, flexibles und ortsunabhängiges Arbeiten zu fördern. Bis heute haben über 260 Unternehmen die Charta unterschrieben. Homeoffice ist auf dem Vormarsch, davon ist auch die AEW überzeugt. «In Zukunft werden mehr Mitarbeitende das Homeoffice-Angebot, sporadisch oder regelmässig, nutzen – dies unter der Berücksichtigung, dass dadurch die wertvollen und regelmässigen sozialen Kontakte im Unternehmen nicht verloren gehen», sagt Mireille Brodmann. «Ziel ist, eine ausgewogene Mischung zwischen Homeoffice und Arbeiten im Unternehmen zu finden – dies immer vor dem Hintergrund, unseren Auftrag als Energieversorgungsunternehmen zu erfüllen.»

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Prof. Dr. Arie Hans Verkuil, Leiter Institut für Unternehmensführung an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW)

Prof. Dr. Arie Hans Verkuil, Leiter Institut für Unternehmensführung an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW)

Drei Fragen an Prof. Dr. Arie Hans Verkuil, Leiter Institut für Unternehmensführung an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW)

«Präsenz wird immer wichtig bleiben»

Vor welchen Herausforderungen stehen Arbeitgeber, deren Mitarbeitende im Homeoffice arbeiten?

Prof. Dr. Arie Hans Verkuil: Eine wesentliche Herausforderung ist der zusätzliche Aufwand seitens der Führungsperson, um Arbeitnehmende im Homeoffice zu begleiten. Sie muss trotz räumlicher Distanz Orientierung und Unterstützung geben. Die Mitarbeitenden im Homeoffice müssen ihre Aufgaben und Pflichten kennen, in die betrieblichen Abläufe eingebunden werden und eigene Ideen einbringen können. Eine gute Führung zeichnet sich dadurch aus, dass ein empathisches Beziehungsgefüge zwischen Vorgesetztem und Mitarbeitenden auch über virtuelle Kommunikation erhalten bleibt.

Mitarbeitende im Homeoffice vermissen die sozialen Kontakte zu ihren Kollegen. Was kann man dagegen tun?

Wichtig ist die Kommunikation. Telefonate und Videocalls sind – anders als E-Mails – hilfreich für den Austausch. Dennoch können sie persönliche Kontakte nicht vollumfänglich kompensieren. Deshalb werden Präsenzzeiten im Büro immer wichtig bleiben. Nur durch den direkten Kontakt können Zugehörigkeit und Bindung zum Unternehmen entstehen.

Ihre persönliche Einschätzung: Wie wird sich Homeoffice in den kommenden Jahren verändern?

Ich bin überzeugt davon, dass Homeoffice und hybride Arbeitsformen – also eine Mischung aus Homeoffice und Büroarbeitszeit – insgesamt zunehmen werden. Junge Menschen, die «digital natives», werden diese Möglichkeiten einfordern, weil sie mit digitalen Medien und den damit verbundenen Konzepten und Technologien sozialisiert wurden. Im Hinblick auf den demografischen Wandel werden Arbeitgeber auf diese Forderungen eingehen müssen, auch um hochqualifizierte Kräfte für ihr Unternehmen zu gewinnen. Es wird ein Kulturwandel stattfinden.

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