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And the Oscar goes to...

Zugegeben: Ganz so gross wie in Hollywood war die Bühne bei der Verleihung des Watt d´Or nicht. Im Berner Kursaal wurde die AEW Anfang Jahr mit dem begehrten Energiepreis ausgezeichnet. In Zusammenarbeit mit der ETH Zürich testet die AEW eine innovative Software, welche das Verteilnetz virtuell – also ganz ohne physischen Ausbau – um bis zu 10 Prozent verstärken könnte.

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Wird Energie ins Verteilnetz eingespeist, hat dies am Einspeisepunkt eine Spannungsanhebung zur Folge. Speisen nun viele Energieerzeugungsanlagen Energie zurück ins Netz kann dies zu Grenzwertverletzungen der Spannungsanhebung am Verknüpfungspunkt der Anlage führen. Dieses Verhalten resultiert in einem kapazitiven Blindleistungsfluss, welcher mit einem induktiven Blindleistungsfluss, spannungssenkendem Verhalten, kompensiert werden kann.

Die Software-Lösung der ETH Zürich wertet Spannung und Blindleistung im Netz laufend mittels Echtzeitmessungen aus und erlaubt es, unkonforme Blindleistung beispielsweise mit einer PV-Anlage zu kompensieren. Spannungen und Leistungsflüsse im Netz verändern sich aufgrund von Produktions- und Verbrauchsschwankungen stetig. Damit der Blindleistungsleistungsfluss an die neue Situation angepasst werden kann, sendet das Programm Steuerbefehle an eine PV-Anlage, die in das System eingebunden ist. Die Wechselrichter dieser Anlage produzieren dann spannungssenkende oder spannungsanhebende Blindleistung, mit der die im Netz vorhandene Blindleistung ausgeglichen werden kann.

Im Pilotprojekt wurde zur Blindleistungsproduktion eine grosse PV-Anlage der AEW im Kanton Aargau genutzt. Das Potenzial ist aber viel grösser: Ladestationen für E-Autos, Wärmepumpen oder Windkraftanlagen arbeiten ebenfalls mit Wechselrichtern und könnten in den Algorithmus eingebunden werden. «Die Blindleistungsregelung ist ein Puzzle-Teil einer komplexen Gesamtlösung eines intelligenten Stromnetzes», erklärt Alessandro Scozzafava, Teamleiter Netzentwicklung und Instandhaltungsplanung bei der AEW. Am 11. Januar durfte Alessandro mit seinen Kolleginnen und Kollegen in Bern den Watt d’Or in der Kategorie Energietechnologien entgegennehmen.

Übergabe der Auszeichnung

Jürg Grossen überreichte Alessandro Scozzafava die begehrte Auszeichnung. Links von Alessandro: Adrian Schwammberger, Leiter Netzinfrastruktur und Betrieb der AEW und rechts René Soland, Leiter Geschäftsbereich Netze der AEW.

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Was ist Blindleistung?

Das Stromnetz in Europa wird mit 50 Hz Wechselstrom (und -spannung) betrieben. Das bedeutet, der Stromfluss ändert pro Sekunde 50-mal die Richtung. Dabei werden im Stromnetz laufend Magnetfelder auf- und abgebaut. Die zum Aufbau eines Feldes benötigte Leistung fliesst bei dessen Abbau wieder zurück ins Netz und wird als Blindleistung bezeichnet. Sie ist nicht nutzbar, wird aber für den Aufbau der Spannung benötigt. Man unterscheidet zwischen kapazitiver (spannungserhöhender) und induktiver (spannungssenkender) Blindleistung. Kapazitive Blindleistung kann mittels induktiver Blindleistung kompensiert und umgekehrt werden.

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