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Drei Fragen, einer antwortet

Robin Koch, Leiter Stromproduktion bei der AEW, packt die Zukunft an: Mit klarem Fokus auf Wind- und Solarenergie will das Unternehmen bis 2030 die Erzeugung erneuerbarer Energie massiv steigern. Im Interview verrät Robin Koch, wie er und sein Team die Weichen für eine sichere und nachhaltige Stromversorgung stellen und welche Innovationen das Rennen machen.

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Bild von Robin Koch

Robin Koch, Leiter Stromproduktion

Du entwickelst das Produktionsportfolio der AEW stetig weiter. Gibt es zurzeit konkrete Ideen und neue Projekte?

Unsere Fühler sind ständig ausgestreckt, um unser Portfolio zu erweitern. Aktuell setzen wir einen Fokus auf den Ausbau der Windenergie mit neuen Projekten in der Romandie und in der Deutschschweiz. Wir arbeiten auch am Ausbau unseres Photovoltaik-Portfolios. Zum einen geografisch über die Kantonsgrenze hinaus, zum anderen auch an nicht gebäudegebundenen Anlagen wie Freiflächen- oder landwirtschaftlichen PV-Anlagen. Um die Produktion von Bandenergie zu erhöhen, planen wir weitere Biomasse-Kraftwerke. Aus unserer Sicht hat auch die Stromproduktion durch Tiefengeothermie Potenzial. Hier stehen wir aber noch am Anfang. Denn die Untersuchung geeigneter Gebiete setzt hohe Investitionen voraus, die mit einem grossem Risiko verbunden sind.

Welches Ziel verfolgt die AEW beim Ausbau erneuerbarer Energien bis 2030?

Den prozentual grössten Ausbau sehen wir klar in der Photovoltaik und in der Windkraft. Das PV-Contracting stösst auf grosses Interesse und wir planen, die Produktion aus eigenen PV-Anlagen bis 2030 auf rund 100 GWh zu steigern. In der Windkraft läuft die Entwicklung des Windparks Lindenberg auf Hochtouren. Unser Wind-Engagement bauen wir stark aus: Mit der Übernahme eines Windparkentwicklers haben wir die Beteiligung am Windpark Burg im Grenzgebiet Aargau / Solothurn erhöht. Die AEW ist dort neu mit 55 Prozent Aktienanteil Hauptaktionärin. Dank der Beteiligung an zwei weiteren Projekten in der Romandie und einem Projekt im Kanton Solothurn erhoffen wir uns 2030 eine Produktion von rund 30 GWh aus Windkraft. Auch die Biomasse-Kraftwerke spielen eine wichtige Rolle, wobei diese nur einen kleinen Anteil zur Stromproduktion beitragen. Sie haben jedoch den Vorteil, dass man die Wärmeauskopplung in Wärmeverbunden oder anderen Prozessen nutzen kann. 

Wie entscheidest du, in welche Technologie die AEW einsteigt?

Schliesslich ist nicht jede Innovation gleich vielversprechend. Es gilt strukturiert zu prüfen, ob eine Technologieanwendung für die AEW sinnvoll ist und zur Erreichung der Ziele sowie der Strategieumsetzung beiträgt. In der Stromproduktion nutze ich die Möglichkeiten unseres neu geschaffenen Technologiemanagements, wo wir neue Technologien prüfen, bewerten und dokumentieren. Dabei spielen neben der Technologie auch weitere Faktoren eine Rolle. Beispielsweise die Verfügbarkeit, die Wirtschaftlichkeit oder die Unternehmen und Menschen, die hinter der Technologie stehen. Für eine neue Technologie entscheiden wir uns nur, wenn das Gesamtpaket aller Bereiche unseren Anforderungen und Bedürfnissen entspricht.

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Aus welchen Technologien setzt sich die Stromproduktion der AEW zusammen?

Für 2024 rechnen wir mit einer AEW-Stromproduktion von rund 1,4 Terawattstunden (TWh). Den grössten Anteil nimmt dabei die Wasserkraft mit geplanten 865 Gigawattstunden (GWh) ein. Dieser Strom stammt aus unseren zwei eigenen Laufwasserkraftwerken an der Reuss in Bremgarten und aus den Wasserkraftwerken an der Aare, der Limmat und am Rhein, an denen die AEW beteiligt ist (siehe Infografik «Unter Spannung»). Ein wichtiger und stetig wachsender Anteil unserer Stromproduktion kommt aus den neuen erneuerbaren Energien: 30 GWh stammen aus Photovoltaik, 4 GWh aus Windkraft und 1 GWh aus dem Biomasse-Kraftwerk. Knapp ein Drittel der elektrischen Energie stammt mit 515 GWh aus der Kernenergie.

Wie wichtig ist dieser Ausbau für die Versorgungssicherheit?

Der Ausbau der erneuerbaren Energien hat einen massgeblichen Einfluss auf die Versorgungssicherheit. Versorgungssicherheit bedeutet, dass die Bereitstellung der notwendigen Strommenge zu jedem Zeitpunkt gewährleistet ist. PV-Anlagen können vergleichsweise einfach zugebaut werden, produzieren den Strom aber hauptsächlich im Sommer. Um die bekannte Winterstromlücke zu schliessen, ist ein Technologiemix aus unterschiedlichen erneuerbaren Energiequellen entscheidend. Windenergieanlagen produzieren zwei Drittel und alpine PV-Anlagen die Hälfte ihres Stroms in den Wintermonaten. Wir streben deshalb einen optimierten Technologiemix aus Photovoltaik, Wind, Wasser und Biomasse an, um die Versorgungssicherheit auch in Zukunft zu gewährleisten.

AEW Kraftwerk Bremgarten-Zufikon
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Photovoltaik-Zubau

Hat die AEW bewusst Kompetenzen aufgebaut, um mit dem rasant steigenden Photovoltaik-Zubau der letzten Jahre mitzuhalten, der durch die Energiestrategie 2050 ausgelöst wurde?

Bei der AEW wurde das Potenzial des Photovoltaik-Markts bereits vor über 10 Jahren erkannt. Deshalb haben wir bereits damals begonnen, die Kompetenzen im Bereich PV aufzubauen und PV-Anlagen zu realisieren. Unser Team aus Fachspezialisten hat heute umfassendes Know-how im Bereich Planung, Engineering und Evaluation von PV-Anlagen. Weiter begleiten wir die Fachpartner bei der Realisierung sowie der Abnahme der Anlagen und sorgen für den reibungslosen Betrieb und Unterhalt. Die Stromproduktion der Anlagen wird laufend mit der AEW-Überwachungsplattform überwacht und mit Satellitendaten zu Wetter und Sonneneinstrahlung abgeglichen. Bei Bedarf intervenieren wir mit eigenem Personal. Dazu haben wir weitere spezifische Kompetenzen aufgebaut. Dazu gehören die dynamische Leistungsregelung, der Unterhalt von Absturzsicherungen, Gebäude- und Anlagenüberprüfung durch Drohnen und die Evaluation von optimalen Reinigungszeitpunkten. Ausserdem hat die AEW verstärkt Know-how für die Planung von Freiflächen- und Fassadenanlagen aufgebaut und die Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen mit Agri-PV-Anlagen geprüft.

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