Mit der richtigen Teamenergie ist alles möglich

Olivier Jäckle (31) ist der energiegeladene Kapitän des FC Aarau. Im Interview erzählt er von seiner Rolle als Energiespender, seinem grössten Energieschub und wie er auf und neben dem Rasen neue Kraft tankt.

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Olivier Jäckle, welche Rolle spielt die Teamenergie auf dem Spielfeld?

Die ist sehr wichtig. Denn beim Fussball geht es ja vor allem darum, als Team und als Einheit zu agieren. Wenn das gut funktioniert, ist praktisch alles möglich. Dann bleibt auch genug Energie, um neben den eigenen Aufgaben den anderen zu helfen.

Wie laden Sie an einem Spieltag Ihren mentalen Akku auf?

Bei einem Abendspiel stehe ich zwischen 8 und 9 Uhr auf, frühstücke und gehe dann rund 40 Minuten spazieren – immer auf die gleiche Runde. Danach esse ich zu Mittag und mache ein Schläfchen. Anschliessend geht es mit dem Team in die direkte Vorbereitung, inklusive Abendessen. Meine Freundin plant so einen Tag jeweils ohne mich.

In welchem Moment eines Spiels spüren Sie den grössten Energieanstieg?

Beim Anpfiff. Auch wenn wir ein Tor schiessen, herrscht Freude und Euphorie – allerdings verbunden mit der Gefahr, dass alles wieder kippen kann.

Welche Rolle spielt für Sie die Energie in der Halbzeitpause?

Ich betätige mich vor dem Rausgehen als eine Art Energiespender. Indem ich versuche, meine Mitspieler für die zweiten 45 Minuten nochmal so richtig heiss zu machen.

Gibt es Spiele, bei denen Sie trotz Erschöpfung einen Extra-Energieschub finden?

Das geschieht oft bei Spielen, bei denen man hinten liegt, und spürt, dass noch etwas drinliegt. Diese Saison war das gegen Vaduz so. Da drehten wir das Spiel mit so einem Energieschub vom 0:2 zum 3:2.

Wie wichtig ist es in einem Spiel Energie zu sparen, und wie machen Sie das?

Ich gebe im Spiel immer alles. Bewusst Energie zu sparen, lässt sich da nicht planen.

Wie tanken Sie nach einem Spiel wieder auf?

Da wir pro Woche nur ein Spiel haben, bleibt genug Zeit, um die Batterien wieder aufzuladen. Am liebsten zusammen mit der Freundin und Freunden. Nach einem Spiel ist es allerdings schwierig mit dem Einschlafen – wegen dem Adrenalin. Vor allem, wenn wir verloren haben.

Welchen Einfluss hat die Energie der Fans auf Ihre Leistung im Spiel?

Es gibt Matches, wo man die Fans besonders gut spürt. Je nachdem wie es läuft, ist das dann positiv oder negativ. Besonders intensiv gespürt habe ich das in der letzten Saison in der Barrage. Da waren 5'000 Leute mehr da als sonst – das war pure Energie.

Olivier Jäckle (31), Kapitän des FC Aarau und Mittelfeld-Motor des FC Aarau
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Steckbrief

Olivier Jäckle ist «Mister FCA». Mit 31 Jahren bringt der Kapitän mit der 8 auf dem Rücken seine ganze Erfahrung auf den Rasen. Sein Fussballweg begann beim FC Baden, führte über das Team Aargau und erlebte einen entscheidenden Schub im Alter von 16 Jahren in der U21-Auswahl des FC Aarau. Nach einer prägenden Leihe an den SC Zofingen, wo Jäckle rasch überzeugte, gelang ihm 2012 der Durchbruch in die erste Mannschaft des FC Aarau. Auch in der U20/U21-Nati zeigte Jäckle sein Talent. Heute zieht er als erfahrener Spieler und Taktgeber im Mittelfeld die Fäden. 2023 hat der FC Aarau den Vertrag mit Olivier Jäckle bis zum 30. Juni 2025 verlängert.

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Olivier Jäckle Foto

«Beim Fussball geht es darum, als Einheit zu agieren.»

Gibt es einen Moment in Ihrer Karriere, in dem Sie einen echten Energieschub erlebt haben?

Zuletzt spürte ich das in der vorletzten Saison. Das Vertrauen des neuen Trainers löste viel bei mir aus. Da reifte ich als Persönlichkeit, ich erreichte ein neues Level und es gelang mir, meine Erfahrung voll auszuspielen.

Warum eigentlich ausgerechnet der FC Aarau?

Als ich vor 16 Jahren zum FC Aarau stiess, war das eine bewusste Entscheidung. Danach kam ich hier einfach nicht mehr weg (lacht). Nein, im Ernst: Ich bin sehr stolz und froh, Teil dieses Vereins und seit 12 Jahren in diesem Team zu sein.

Was würden Sie tun, wenn Sie für einen Tag unendlich viel Energie hätten?

Gute Frage. Ich habe sehr viel Energie. Und die würde locker dafür reichen, dass ich nicht nur den ganzen Tag Fussball spiele.

Gibt es einen Energievampir, der Ihnen auch mal die Energie nimmt?

Der normale Alltagsstress. Und ab und zu auch die Mitmenschen und die Mitspieler.

Sind Sie eher ein sprudelnder Geysir oder ein stetig fliessender Fluss?

Da müsste man wohl eher meine Teamkollegen fragen. Ich denke, ich bin eher der ausgeglichene und geduldige Typ. Wenn man mich aber überstrapaziert, kann ich auch mal impulsiv werden.

Wie halten Sie es mit dem Stromsparen? Und was ist zu Hause der grösste Stromfresser?

Ich bin jetzt eher nicht der grosse Energiesparer. Allerdings bin ich im Gegensatz zu vielen anderen Fussballern auch kein Gamer. Stattdessen läuft bei mir abends meistens der Fernseher.

Machen Sie sich Gedanken, wie es nach Ihrer aktiven Karriere weitergeht?

Mit über 30 ist das tatsächlich ein Thema – im Gegensatz zu früher. Wenn alles gut geht, will ich sicher noch ein paar Jahre spielen. Doch wenn damit Schluss ist, will ich keine Pause einlegen, sondern direkt etwas Neues machen. Ich habe da schon einige Ideen – allenfalls kann es auch eine neue Rolle im Fussball sein.

Das Gespräch führte René Moor