Das passiert bei Eintritt einer Strommangellage

Bei Eintritt einer Strommangellage übersteigt die Nachfrage nach elektrischer Energie über Tage oder Wochen das Angebot. In der Risikoanalyse des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz (BABS) kann dieses seltene Ereignis alle 30 Jahre eintreten. Damit die Schweiz auf diesen Extremfall vor-bereitet ist, wurde OSTRAL, die Organisation für Stromversorgung in Ausserordentlichen Lagen, ins Leben gerufen.

09. August 2022

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Die vier Bereitschaftsgrade der OSTRAL

Die OSTRAL unterscheidet vier Bereitschaftsgrade (BG): Im BG1 überwacht die wirtschaftliche Landesversorgung die Versorgungslage. Zeichnet sich ein Engpass ab, alarmiert die wirtschaftliche Landesversorgung die OSTRAL. Ab diesem Zeitpunkt gilt der BG2. Im BG2 werden die Verbraucher über Sparappelle zur freiwilligen Verbrauchsreduktion angehalten. Reicht diese Reduktion nicht aus, um Angebot und Verbrauch in Einklang zu bringen, beantragt der Delegierte der wirtschaftlichen Landesversorgung im BG3 beim Bundesrat, dass Bewirtschaftungsmassnahmen in Kraft gesetzt werden. Ab diesem Zeitpunkt kann der Markt ausser Kraft gesetzt werden. Im BG4 sind dann drei Massnahmen zur Verbrauchsreduzierung vorgesehen:

  1. Verbote und Verbrauchseinschränkungen
  2. Kontingentierung
  3. Zyklische Abschaltungen

Wird durch die erste Massnahme das Ziel nicht erreicht, folgt die nächste.

 

Bei Verboten und Einschränkungen wird der Verbrauch von nicht zwingend notwendigen energieintensiven Geräten verboten. Dazu gehören beispielsweise Saunas, Schwimmbäder, Rolltreppen, Anlagen im Sektor Freizeit, etc.

Bei der Kontingentierung müssen Grosskunden (ab 100'000 kWh) vorgegebene Einsparziele erreichen. Der Energieverbrauch muss zum Vergleichsmonat, gleicher Monat vom Vorjahr, um einen vorgegebenen Prozentsatz reduziert werden. Der Grossverbraucher kann selbst entscheiden, wie er dies umsetzt. Beispielsweise kann er an einem Tag pro Woche die Produktion stoppen oder eine Produktionslinie ausser Betrieb nehmen.

Die strengste Massnahme sind die zyklischen Netzabschaltungen. Dabei werden in den Unterwerken Leitungen ein- und ausgeschaltet. Dazu wurden zwei Grundszenarien vorbereitet. Um 33 % Einsparungen zu erzielen, werden die Leitungen 4 Stunden ausgeschaltet und 8 Stunden eingeschaltet, bei einer geforderten Einsparung von 50 Prozent sind es dann jeweils 4 Stunden.

Im Moment gibt es keine Hinweise für eine Erhöhung des Bereitschaftsgrades respektive zur Aktivierung der OSTRAL.

 

Die Rolle der Verteilnetzbetreiber (EVU)

Über die Inkraftsetzung der Bewirtschaftungsverordnung hat der der Bundesrat an einer Medienkonferenz zu informieren. Die Verteilnetzbetreiber (VNB) werden in diesem Krisenfall von der Kommission OSTRAL geführt. Geführt heisst, die OSTRAL kommuniziert den Verteilnetzbetreibern per wann welche Bewirtschaftungsmassnahmen umgesetzt werden müssen.

Für die reguläre Kontingentierung (BG4) erstellen die VNB die Kontingentierungsverfügungen und senden diese ihren Grossverbrauchern zu. Die Kontrolle zur Einhaltung der Kontingente erfolgt ebenfalls durch die VNB. Verstösse werden mittels dem auf dem geschützten Bereich der OSTRAL-Webseite vorbereitetem Formular an die Abteilung Elektrizität der wirtschaftlichen Landesversorgung geschickt.

 

Multi-Side-Verbraucher:

Aufgrund konkreter Anfragen im Zusammenhang mit der Grossverbraucherinformation betrachtet die OSTRAL verschiedene Aspekte der verteilnetzübergreifenden Multi-Site-Verbraucher Lösung (VNÜ-MSV-Lösung) nochmals mit den zuständigen Spezialisten. Diese Arbeiten wirken sich auch auf die Zeitplanung aus, die Informationsveranstaltungen für VNÜ-MSV im Sommer 2022 vorgesehen hat. Sobald Ergebnisse aus den durchgeführten Arbeiten vorliegen, informiert die OSTRAL über das weitere Vorgehen.

Betreiber kritischer Infrastrukturen:

Betreiber kritischer Infrastrukturen werden im Grundsatz gleichbehandelt. Je nach Situation können bestimmte grundversorgungsrelevante Verbraucher teilweise oder ganz von Bewirtschaftungsmassnahmen ausgenommen werden. Diese Ausnahmen werden in der Verordnung vom Bundesrat zur Bewirtschaftungsmassnahmen aufgeführt (BG3). Beispielsweise können Spitäler, Blaulichtorganisationen oder Strafuntersuchungs- und Strafvollzugsanstalten von Netzabschaltungen ausgenommen werden, sofern dies technisch möglich resp. umsetzbar ist. Eine gesonderte Betrachtung ist auch im Falle einer Kontingentierung möglich. Nichtsdestotrotz sind auch Betreiber kritischer Infrastrukturen wie Spitäler angehalten, ihr Energiesparpotenzial im Falle einer Strommangellage auszuschöpfen. Dies bedingt die in der Broschüre für Grossverbraucher genannten Analysen und Vorkehrungen, welche als Teil des Risikomanagements bzw. Business Continuity Managements innerhalb von Unternehmen zu treffen sind.

 

Ausblick

Die OSTRAL wird im Herbst 2022 auf die Verteilnetzbetreiber für einen rein internen Test der Kontingentierungsprozesse zukommen. Das Ziel ist es, die Abläufe in der Organisation zu prüfen. Dabei ist zu beachten, dass den Grossverbrauchern keine Verfügungen zugestellt werden darf.

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