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Ästhetik und Innovation

Vom Sturzbrett zum Glasfaserbeton mit integriertem Photovoltaik-Modul. Der Weg der Stahlton Bauteile AG in Frick ist gesäumt von Innovationen.

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Ihren Ursprung hat die Stahlton Bauteile AG in der Vorspanntechnik: Seit der Firmengründung 1945 ist die Stahlton der Inbegriff für das Sturzbrett. Das bewehrte Bauteil aus Ton wird im Rohbau zur Überbrückung von Öffnungen verwendet. Es befindet sich über vielen Fenstern und Türen. Inzwischen produziert das Unternehmen eine breite Palette an vorgefertigten, standardisierten Bauteilen für den Rohbau. Vor 15 Jahren folgte der Einstieg ins Fassadengeschäft.

Ein Multitalent

Während der einstige Topseller mittlerweile einen geringen Teil der Produktion ausmacht, liegt die Kernkompetenz heute beim Glasfaserbeton. Der mineralische Werkstoff hat viele Vorteile, wie Ernst Gisin, CEO der Stahlton Bauteile AG, weiss: «Glasfaserbeton ist im Gegensatz zum klassischen Beton nicht mit Stahl, sondern mit alkaliresistenten Glasfasern verstärkt. Das macht es möglich, dünnwandige, individuell geformte, grossformatige Bauteile zu fertigen. Architekten haben damit mehr Gestaltungsspielraum bei den verkleidenden Elementen in der Fassade.» «Ästhetik ist nicht der einzige Vorteil. Glasfaserbeton ist auch energieeffizienter in der Herstellung», ergänzt Gisin. Wenn man bedenkt: Von der gesamten Energie, die ein Gebäude während seiner Lebensdauer beansprucht, fallen 50 % beim Erstellen an. Diese «graue Energie» ist beim Glasfaserbeton gegenüber vergleichbaren Fassadensystemen deutlich geringer und macht ihn nachhaltiger.

Innovation als Firmenkultur

Ähnlich wie das Sturzbrett in den Anfängen gehört der Innovationsgeist zum Unternehmen. Von neuen Produktionsverfahren, die in wenigen Monaten umgesetzt werden, bis zu mehrjährigen Forschungsprojekten ist die Stahlton täglich mit Innovationen befasst. Doch nicht jede Idee führt zum Erfolg. «Wer innovativ sein will, muss mit Niederlagen umgehen können und daran wachsen», erklärt Ernst Gisin seinen Grundsatz, den er vorlebt. Erfolgsversprechend ist das 3D-Druck-Projekt. Drei Jahre wurde mit der ETH geforscht, um selbst die komplexesten Bauteile aus Glasfaserbeton herzustellen. Seit eineinhalb Jahren baut die Stahlton nun die weltweit grösste, hochauflösende 3D-Druckanlage und nähert sich dem Ziel.

Die Strom-Fassade

Der Innovationskultur ist auch der neuste Streich geschuldet: Fassadenelemente mit integriertem Photovoltaik-Modul. Das Bundesamt für Energie BFE schätzte 2019, dass an Schweizer Hausfassaden jährlich 17 Terawattstunden Solarstrom erzeugt werden könnten. Warum wird dieses Potenzial nicht genutzt? Ernst Gisin kennt einen Grund: «Die Fassade ist das Angesicht des Gebäudes. Normale Solarmodule schränken die Gestaltung ein und sind deshalb nicht besonders reizvoll für den Architekten – generieren sie doch immer das Bild einer Glasfassade.» Schade, denn in den Wintermonaten, wenn beispielsweise Schnee auf den Dächern liegt, könnten Fassadenanlagen trotzdem Strom erzeugen. Die Stahlton Bauteile AG arbeitet daran, farblich abgestimmte PV-Module in ihre Fassadenelemente zu integrieren. Der Glasfaserbeton ist Tragstruktur und Ergänzung und kann dabei um das Modul herum eine beliebige Form annehmen. So wird es wieder interessant für die Gestaltung. Die elektrischen Anschlüsse liegen im hinterlüfteten Bereich. Für eine allfällige Reparatur kann das gesamte Element problemlos demontiert werden. Demnächst wird die Stahlton einen Prototyp mit ihrer eigenen Dachanlage kombinieren, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen.

Historischer Standort

Die Produktion war schon immer in Frick, vor zehn Jahren hat man auch den Hauptsitz hierher verlegt. Aber warum Frick? Das hat einen historischen Grund: Das erste Werk lag direkt neben einer Tongrube. Heute noch entstehen hier die Rohbau-Teile aus Ton. Das mittlerweile dritte Werk, in dem der Glasfaserbeton zuhause ist, liegt direkt am Autobahnanschluss – logistisch optimal. Die Arbeitgeberin hat Tradition in Frick, beschäftigt Arbeitskräfte aus der Region und Grenzgänger aus Süddeutschland. Hier bei der Stahlton ist Innovation nicht nur Fassade.

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Stahlton Bauteile AG

In den Werkhallen in Frick wird mit schwerem Gerät gearbeitet.

Unter Dach und Fach

Ein nachhaltig denkendes Unternehmen wie die Stahlton Bauteile AG lässt ihre grossen Dachflächen natürlich nicht ungenutzt. Bald wird sich dem Dach ihres Werkes in Frick eine Photovoltaik-Anlage der Sonne entgegenrecken. Dafür hat sie mit der AEW Energie AG einen Contracting-Vertrag abgeschlossen. Bei einer solchen Partnerschaft finanziert, installiert, betreibt und unterhält die AEW die Anlage. Die Stahlton stellt das Dach zur Verfügung und bezieht ihren eigenen Solarstrom. Die Anlage wird über ein Megawatt peak leisten. Mehr als die Hälfte verbraucht die Stahlton selber – mit dem Überschuss werden rund 95 Vier-Personenhaushalte mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt. Integriert wird auch eine von der Stahlton gelieferte Fassadenanlage. Auswertungen und Vergleiche nach Jahreszeit sollen wertvolle Daten liefern, um die Innovation zielführend voranzutreiben.

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