
Wärme aus dem Zürichsee
Die AEW erneuert aktuell ihren Wärmeverbund Uetikon am See. Als Energiequelle nutzt sie das Wasser des Zürichsees.
In den Tiefen des Zürichsees, 30 Meter unter der Wasseroberfläche, herrscht ganzjährig eine Temperatur von rund vier Grad Celsius. Wo sich Fischarten wie Forelle, Trüsche und Egli tummeln, steckt aber auch jede Menge Energie. Diese lässt sich mithilfe von Wärmepumpen für Heizung und Warmwasserbereitung oder für die Kühlung nutzbar machen. Wie aus dem Seewasser Wärme gewonnen wird, zeigt der AEW Wärmeverbund Uetikon am See.
Von der Abwärme zum Seewasser
Neu ist der Wärmeverbund in Uetikon am See nicht. Bereits 2014 hat ihn die AEW in Betrieb genommen und damit den Grossteil der kommunalen Bauten sowie verschiedene Privatkunden versorgt. Als Hauptenergiequelle diente die Abwärme aus dem Produktionsprozess der Zeochem AG – bis Ende 2017. Dann schloss das Unternehmen seinen Standort und die AEW hat sich nach einer alternativen Energiequelle umgeschaut. Was lag näher als das Wasser des Zürichsees. «Wasser ist eine hervorragende Wärmequelle», sagt Projektleiter Daniel Wernli. «In 30 Meter Tiefe hat der See das ganze Jahr über eine konstante Temperatur, was wichtig für den effizienten Betrieb einer Wärmepumpe ist. Ausserdem ist die Energiequelle kostenlos und CO2-frei.»
Wie ein Kühlschrank – nur umgekehrt
Doch wie kommt die Wärme aus dem See? Eine Pumpe fördert das Wasser über eine 380 Meter lange Seeleitung ins Pumpenhaus und von dort über eine weitere Leitung in die bestehende Wärmezentrale. Hier erwärmt eine Wärmepumpe das Wasser. Die so entstandene Wärmeenergie wird über ein Leitungsnetz zu den angeschlossenen Gebäuden geführt. Das «abgekühlte» Wasser fliesst über eine zweite Seeleitung in den Zürichsee zurück. «Das Prinzip der Wärmepumpe ist mit der Arbeitsweise eines Kühlschranks vergleichbar» erklärt Daniel Wernli. «Ein Kühlschrank entzieht den Lebensmitteln im Innenraum Wärme und leitet diese nach aussen. Die Wärmepumpe arbeitet genau entgegengesetzt: Sie entzieht der äusseren Umgebung Wärmeenergie und macht sie für die Heizung im Innenbereich nutzbar.»
Kein alltägliches Projekt
Um den Zürichsee für die Energiegewinnung zu erschliessen, standen umfangreiche Bauarbeiten an. Notwendig waren ein neues Pumpenhaus am Hafen sowie Leitungen zwischen der bestehenden Wärmezentrale und dem See. Die Leitungsbauarbeiten wurden grabenlos durchgeführt: Über eine Distanz von 270 Metern und in bis zu 40 Meter unter der Erdoberfläche bohrte sich der ferngesteuerte Bohrkopf von der Zentrale zum Pumpenhaus. Anschliessend wurden Rohre in das Bohrloch eingezogen. «Bautechnisch war es ein sehr spannendes und alles andere als alltägliches Projekt», sagt Daniel Wernli zurückblickend. Inzwischen nähern sich die Bauarbeiten ihrem Ende, so dass in wenigen Wochen der Wärmeverbund auf ein Neues in Betrieb gehen kann. Statt Wärme aus Industrieprozessen werden dann alle angeschlossenen Kunden mit Wärme aus Seewasser versorgt. Der weitere Ausbau des Verbundes ist sichergestellt. «Wir haben die Leitungen bewusst so dimensioniert, dass eine zweite Wärmepumpe integriert werden kann, falls der Bedarf in den kommenden Jahren wachsen sollte», sagt Daniel Wernli. Das wird mit grosser Wahrscheinlichkeit der Fall sein. Auf dem 65 000-Quadratmeter-Areal, auf dem die Zeochem AG ihren Sitz hatte, ist eine Umnutzung geplant. So möchte beispielsweise der Kanton hier eine Kantonsschule realisieren. Neben der benötigten Wärmeenergie soll das Areal auch mit Kälte versorgt werden – beides emissionsfrei aus dem Zürichsee.

Wärmeverbund Uetikon am See
- Quelle: Seewasser aus dem Zürichsee
- Projektstart: August 2019
- Projektende: April 2020
- Leistung: 4 250 Kilowatt
- Produktion: 8 100 Megawattstunden pro Jahr
- Produktion entspricht rund 600 angeschlossenen Haushaltungen
- CO2-Einsparung: 2 160 Tonnen pro Jahr Einsparung Heizöl: 800 000 Liter pro Jahr

Das Prinzip der Wärmepumpe:
- Durch einen Wärmetauscher wird die Energie aus dem Zürichsee auf ein Kältemittel übertragen. Das Kältemittel verdampft.
- Dieser Dampf wird im Kompressor verdichtet, dadurch steigt die Temperatur.
- Die Wärmeenergie des erhitzten Dampfes wird auf die Heizungsanlage übertragen. Dabei sinkt die Temperatur des Dampfes und das Kältemittel verflüssigt sich wieder.
- Der Druck des Kältemittels wird reduziert und das Kältemittel kühlt ab – und der Kreislauf beginnt von vorn.
25 Jahre Wärme bei AEW
Anfang der 1990er-Jahre eröffnete sich die AEW mit dem Aufbau von Wärmeverbunden ein neues Geschäftsfeld. Der erste Wärmeverbund wurde im Oktober 1994 in Möhlin in Betrieb genommen und erzeugt mittels einer Holzschnitzelheizung CO2-frei Wärme. Inzwischen betreibt die AEW rund 80 Wärmeverbunde, beliefert damit um die 13 500 Haushaltungen und verhindert den CO2- Ausstoss von mehr als 40 000 Tonnen pro Jahr.