Stephan Attiger: Voller Energie in die Zukunft
Stephan Attiger ist Vorsteher des Departements Bau, Verkehr, Umwelt – und damit zuständig für Strom und Energie. Ein Gespräch über die spezielle Rolle und die energiepolitischen Möglichkeiten des Energiekantons Aargau.
Stephan Attiger ist seit 2013 Regierungsrat des Kantons Aargau und leitet seither das Departement Bau, Verkehr und Umwelt. Vor seinem Eintritt in den Regierungsrat war er Stadtammann von Baden und Mitglied des Grossen Rats. Auf nationaler Ebene präsidiert er die Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren- Konferenz (BPUK), ist Vorstandsmitglied der Konferenz Kantonaler Energiedirektoren (EnDK) und der Hochrheinkommission (HRK) sowie Mitglied der Konferenz der kantonalen Direktoren des öffentlichen Verkehrs (KöV), der Konferenz für Wald, Wildtiere und Landschaft (KWL) und des Gotthard- Komitees. Stephan Attiger ist 57 Jahre alt und wohnt mit seiner Familie in Baden.
Stephan Attiger, der Kanton Aargau strebt eine aktive Rolle für eine sichere und umweltverträgliche Energieversorgung an. Was heisst das konkret?
Für uns alle ist es zur Selbstverständlichkeit geworden, dass immer genügend Energie da ist, oder salopp gesagt: Der Strom kommt ja einfach aus der Steckdose. Die aktuellen geopolitischen Veränderungen haben aber gezeigt, dass eine sichere Energieversorgung nicht einfach garantiert ist, insbesondere in den Wintermonaten.
Sie sprechen die drohende Stromund Gas-Mangellage an. War das nicht Angstmacherei?
Nein. Das Risiko hat sich zwar verringert, aber auch, weil wir die richtigen Massnahmen getroffen haben – beispielsweise in Bezug auf die Gasvorräte. Dann hat uns der milde Winter geholfen und dass Frankreich mehr Strom produzieren konnte als erwartet. Trotzdem ist die Gefahr von Engpässen auch in den kommenden Wintern real. Den besten Schutz dagegen schaffen wir, indem wir die Energieeffizienz steigern und die erneuerbaren Energien ausbauen.
Welche erneuerbare Energie hat im Aargau in Zukunft das grösste Potenzial?
Bei der Photovoltaik besteht noch ein beachtliches Potenzial, deshalb fördert der Kanton ihren Ausbau mit einer eigenen Solaroffensive. Der Aargau ist zudem der Wasserkanton – es gilt, die bestehenden Wasserkraftwerke zu optimieren.
Die Energiepolitik wird zum grossen Teil vom Bund bestimmt. Kann der Aargau seine Kompetenzen und seinen Handlungsspielraum überhaupt einbringen?
Bund und Kantone haben die gleichen energie- und klimapolitischen Ziele. Der Bund bestimmt den gesetzlichen Rahmen, ist aber bei der Umsetzung auf die Kantone angewiesen. Diese sind vor allem auch für den Gebäudebereich zuständig, der eine Schlüsselrolle spielt: Rund 45 Prozent des Energieverbrauchs und rund ein Drittel des CO2-Ausstosses werden durch Gebäude verursacht.
Wird der Aargau denn beim Bund ernst genommen?
Ja. Einerseits wegen unseres riesigen Knowhows – als Produktionsstandort mit unseren Kern- und Wasserkraftwerken, aber auch in der Forschung und Innovation. Andererseits konnten wir im Zusammenhang mit der drohenden Mangellage auch auf nationaler Ebene wichtige Akzente setzen, nicht nur mit dem Standort Birr.
Das «energieAARGAU»-Monitoring von 2021 zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind, aber noch nicht am Ziel. Was motiviert Sie, weiterhin an einer nachhaltigen Energiezukunft zu arbeiten?
Wir müssen für die nächsten Generationen – für unsere Kinder und Enkelkinder – nachhaltige Lösungen finden. Als Energiekanton tragen wir da eine spezielle Verantwortung. Wir wollen mit gutem Beispiel vorangehen und Vorreiter sein, auch als attraktiver Standort für innovative Unternehmen und der Forschung im Energiebereich.
«Die beste Kilowattstunde ist die nicht verbrauchte Kilowattstunde.»
Was ist für Sie die grösste Herausforderung in der Energiepolitik?
Der effiziente, sorgsame Umgang mit der vorhandenen Energie und eine kostengünstige, nachhaltige Energieproduktion, dies möglichst ohne Einbussen beim Komfort. Das schaffen wir nur gemeinsam – Politik, Wirtschaft, Gesellschaft.
Welche Anreize oder Förderungen bietet der Kanton?
Ganz wichtig ist es, die richtigen Massnahmen umzusetzen. Unsere energieberatungAARGAU unterstützt dabei mit verschiedenen Beratungsprodukten. Eine gute Beratung lohnt sich langfristig immer. Über das kantonale Förderprogramm werden zudem Erneuerungsmassnahmen an der Gebäudehülle oder der Heizungsersatz gefördert. Wird bei Dacherneuerung gleichzeitig eine Photovoltaik- Anlage installiert, gibt es einen Zuschuss, die eigentliche Anlage wird ebenfalls finanziell durch den Bund gefördert.
Bei der Energiestrategie 2050 geht es auch um Verhaltensänderungen. Was tun Sie selber konkret im Alltag?
Persönlich versuche ich den Energieverbrauch zu senken, zum Beispiel beim Heizen oder beim Warmwasser. Energiesparen macht nämlich immer Sinn – nicht nur bei einer drohenden Mangellage. Die beste Kilowattstunde ist die nicht verbrauchte Kilowattstunde.
Welche Rolle spielt die AEW für die energiepolitischen Ziele des Kantons Aargau?
Energieversorgern kommt eine zentrale Rolle zu, indem sie bei der Produktion und Verteilung der elektrischen Energie den Fokus auf erneuerbare Technologien setzen. Entsprechend hat der Kanton seine AEW Eigentümerstrategie kürzlich geschärft. Demnach soll die AEW zum Beispiel 1 Prozent des Schweizer Ausbauziels in der Photovoltaik bis 2030 mit eigenen Anlagen bewältigen. Weiter kann die AEW mit innovativen Speicherprojekten die lokale Produktion dem lokalen Verbrauch anpassen.
Stellen Sie sich vor, Sie könnten ins Jahr 2050 reisen und einen Blick auf den Energiezustand des Aargaus werfen …
Meine Vision: Fossile Energien sind durch erneuerbare ersetzt und Energie wird dank smarten Lösungen optimal eingesetzt. Im Übrigen ist 2050 nicht so weit weg – es besteht also durchaus die Hoffnung, dass ich diesen Zustand noch erlebe …
Das Gespräch führte René Moor
Energieberatung Aargau
Wir beraten Sie zu sämtlichen energetischen Massnahmen:
energieberatungAARGAU – eine Dienstleistung des Kantons Aargau
Telefon: 062 835 45 40
E-Mail: energieberatung@ag.ch