Wie wird sich der Energiehandel in der Schweiz mittel- bis langfristig entwickeln?
Nach Corona folgte der Kriegsausbruch in der Ukraine. Diesen Winter drohte schweizweit eine Strommangellage. Die Ereignisse reissen nicht ab. Was bedeutet das für die Energiepreise in der Schweiz und die Herkunftsnachweise (HKN)? Jürg Rutschi, Teamleiter Portfolio Management und Andrej Keil, Portfolio Manager, geben Antworten auf brennende Fragen.
Wie wird sich der Energiehandel in der Schweiz mittel- bis langfristig entwickeln?
Jürg Rutschi: Der Energiehandel in der Schweiz hängt wesentlich von den Vorgängen in den umliegenden Ländern ab. Zusätzliche Produktion aus erneuerbaren Quellen (Solar, Wind) trifft auf einen alternden, stagnierenden bzw. rückzubauenden konventionellen Kraftwerkspark. Dazu kommen direkte, gut gemeinte Eingriffe der Politik in einzelnen Europäischen Ländern, um Konsumenten vor hohen Preisen zu schützen. Die weltpolitische Situation ist so unsicher wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Dieses Umfeld bietet alle Voraussetzungen, dass im Energiehandel in der Schweiz keine Stabilität eintritt.
Seit dem Rekordhoch im Sommer 2022 sinkt der Strompreis, teils markant. Wird er weiter sinken oder hat er sich nun auf einem stabilen Niveau eingependelt? Wie sieht es bei den HKN aus?
Jürg Rutschi: Der Strompreis befindet sich aktuell in einer Phase der Bodenbildung. Es bleibt abzuwarten, ob dieser Prozess bereits abgeschlossen ist. Wir gehen davon aus, dass wir Preise wie noch vor der Ukraine-Krise, bis auf Weiteres nicht mehr sehen werden.
Andrej Keil: Aufgrund der extremen Trockenheit im Jahr 2022 haben die Produzenten aus Wasserkrafterzeugungsanlagen ihre Produktionsprognosen stark nach unten korrigieren müssen. Dies hatte zur Folge, dass HKN Wasser CH 2022 praktisch nicht liquide war. Um die Deklaration der an Endkunden gelieferten Energie sicherzustellen, war für viele EVU die einzige Alternative, auf europäische (Wasser-) Zertifikate umzusteigen. Die hohe Nachfrage führte zu einem rasanten Anstieg der Preise für HKN Wasser Europa 2022, die heute bei rund 6.00 CHF/MWh gehandelt werden. Bei den Frontjahren ist derzeit nicht davon auszugehen, dass es grössere Preiskorrekturen nach unten gibt.
Die Entwicklungen am HKN-Markt verlaufen nicht linear zum Strompreis. Warum?
Andrej Keil: Herkunftsnachweise sind vom physischen Stromfluss entkoppelt und werden losgelöst als eigenständiges Zertifikat gehandelt. Anders als beim Strom hat die Herkunft und Qualität der produzierten Energie für viele EVU eine unterschiedliche Wertigkeit. Produkte aus erneuerbaren Energien mit inländischer oder regionaler Stromproduktion gewinnen bei Endkunden an Bedeutung. Die Nachfrage nach der entsprechenden Technologie / Qualität steigt ggü. den vorhandenen Produktionsmengen, die sehr stark von der Witterung beeinflusst werden.
Wie werden sich die HKN-Preise mittel- bis langfristig entwickeln?
Andrej Keil: Die Unsicherheiten am Markt hatten natürlich nicht nur Auswirkungen auf die Preisentwicklung der europäischen Zertifikate 2022. Sie führten zudem zu starken Preissteigerungen bei HKN Wasser der Frontjahre. Da noch nicht absehbar ist, wie sich die Wasserführung im 2023 entwickelt, ist das Produktionsjahr 2023 für HKN Wasser CH nicht liquide. Situationen wie im Jahr 2022 können in Zukunft durchaus häufiger eintreten. Ein weiterer Punkt, der für gewisse Unsicherheit am Markt sorgt, ist die Deklaration auf Quartalsebene (bisher nur auf Jahresmengen). Daher ist es sehr schwierig, eine Aussage zu der Preisentwicklung zu treffen. Es ist aber davon auszugehen, dass wir uns an das heutige Preisniveau der jeweiligen Technologien gewöhnen und mit einer stärkeren Preisvolatilität rechnen müssen.
Was unternimmt die AEW, um ihren Kunden attraktive Energiepreise zu ermöglichen?
Jürg Rutschi: Die Energiepreise der AEW orientieren sich an den aktuellen Marktpreisen. Wir bieten unseren Kunden Produkte wie z.B. «AEW Fonds» (tranchierte Beschaffung mit Durchschnittspreisbildung über einen vordefinierten Zeitraum) oder «AEW Energie Carve» (tranchierte Beschaffung nach individueller Beschaffungsstrategie) oder eine strukturierte Beschaffung, die eine attraktive Preisgestaltung unter Ausnutzung der Marktpreisentwicklung ermöglicht.
Des Weiteren haben unsere Kunden einen persönlichen Ansprechpartner (Sales Manager) und können über den AEW Pricemonitor jederzeit selbstständig die aktuellen Marktpreise, aber auch auf Ihr eigenes Bedarfsprofil bezogen, die Angebotspreise abrufen. Zudem erhalten unsere Kunden auf Wunsch den wöchentlichen AEW Marktbericht, mit welchem Marktpreisentwicklungen einfach und nachvollziehbar mitverfolgt werden können.
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