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«Es kann viel Strom ohne Komforteinbussen gespart werden»

Die Energiekrise rückt die Stromproduktion in den Fokus der Öffentlichkeit und bringt Bewegung in die Politik. Das nützt der Energiestrategie 2050. In diesem Winter heisst die Devise dennoch: Strom sparen, wo es geht.

«Es kann viel Strom ohne Komforteinbussen gespart werden»

Die Energiekrise rückt die Stromproduktion in den Fokus der Öffentlichkeit und bringt Bewegung in die Politik. Das nützt der Energiestrategie 2050. In diesem Winter heisst die Devise dennoch: Strom sparen, wo es geht.

«Energiemangellage ist in aller Munde»

Wohl noch nie hat die Bekanntgabe der neuen Strompreise solche Wellen geschlagen wie in diesem Herbst. Teilweise mussten die Energieversorger happige Aufschläge bekanntgeben. Seither ist die Energiemangellage in aller Munde. Zurecht, meint Michael Frank, Direktor vom Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE).

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Gezielte Vorbereitung

Die Vorbereitungen, um den Ernstfall abzuwenden, laufen auf Hochtouren. So installierte der Bund eine Wasserkraftreserve, sicherte sich mit dem Gas-/ Öl-Kombikraftwerk in Birr zusätzliche Kraftwerksreserven, senkte temporär die Restwassermengen für rund 45 Wasserkraftwerke (damit diese mehr Wasser zur Verfügung haben und mehr Strom produzieren können) und schuf die Möglichkeit, die Spannung des Übertragungsnetzes vorübergehend zu erhöhen, um Engpässe zu entschärfen und die Importkapazitäten zu steigern. «All diese Massnahmen zielen darauf ab, die Versorgungssicherheit kurzfristig diesen Winter zu gewährleisten und das Risiko einer Strommangellage zu senken», erklärt Frank. Dennoch: «Das Eintreten einer Energiemangellage hängt auch von Faktoren ab, welche die Schweiz nicht beeinflussen kann», gibt Frank zu bedenken. Dazu zählen die russischen Gaslieferungen ebenso wie die Frage, ob die französischen Kernkraftwerke nach ihrer Revision rechtzeitig wieder ans Netz gehen. «Die mutmasslichen Anschläge auf die Nordstream Pipelines Anfang Oktober haben zudem gezeigt, wie verletzlich die Energieinfrastruktur ist», fügt er hinzu.

Kleine Schritte, grosse Wirkung

Angesichts der Unsicherheit ist es zentral, dass Bevölkerung und Wirtschaft bei den Stromsparkampagnen des Bundes und der Kantone mitmachen und ihren Verbrauch senken. Es gilt, Sparpotenziale zu identifizieren und bewusster mit Energie umzugehen. Oft bringen schon kaum spürbare Veränderungen viel: Eine um 1 °C höhere Kühlschranktemperatur senkt den Stromverbrauch des Geräts um etwa sechs Prozent. Zusammengenommen haben auch kleine Schritte enormes Potenzial: Laut dem Bundesamt für Energie werden allein im Privatbereich jährlich bis fünf Terawattstunden durch mangelnde Effizienz oder Unachtsamkeit verschwendet. Zum Vergleich: Die vier Schweizer Kernkraftwerke liefern jährlich etwa 20 Terawattstunden. Insgesamt verpufft sogar ein Drittel des verbrauchten Stroms unnötig – und fehlt dann anderswo. Es wird diesen Winter also auch auf das Verhalten des Einzelnen ankommen. Oder – wie Michael Frank es ausdrückt: «Wir sitzen alle im selben Boot».

Versorgungssicherheit langfristig gewährleisten

Bei der Sicherstellung der unmittelbaren Stromversorgung darf nicht der Blick auf das grosse Ganze verloren gehen. Die Energiekrise führt vor Augen, dass die Schweiz den Ausbau der erneuerbaren Energie schneller vorantreiben muss, mit besonderem Fokus auf die Winterstromproduktion. Alpine PV-Anlagen, Wasserkraft und Windenergie sind zentrale Bausteine dafür. Die Politik ist gewillt, günstige Rahmenbedingungen für eine erhöhte Winterproduktion und den Ausbau der erneuerbaren Energien zu schaffen, wie die Herbstsession zeigte. Der VSE begrüsst die jüngsten Beschlüsse und Weichenstellungen des Parlaments grundsätzlich, fordert aber auch, schnell weitere Schritte folgen zu lassen: «Es gibt jede Menge baureife Wind- oder Wasserkraftprojekte, die jetzt deblockiert und realisiert werden müssen», fordert Frank.

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Adrian Fahrni

Adrian Fahrni

Interview mit Adrian Fahrni, Abteilungsleiter Energie des Kantons Aargau zur Situation im Kanton

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Welche Massnahmen ergreift der Kanton Aargau, um zur Versorgungssicherheit beizutragen?

Für eine sichere Stromversorgung muss der Verbrauch reduziert und die Produktion hochgefahren werden. Der Kanton Aargau unterstützt den Bund und die Gemeinde Birr bei der möglichst emissionsarmen Realisierung des temporären Reservekraftwerkes. Mittelfristig muss der Ausbau der erneuerbaren Energien forciert und gleichzeitig die Energieeffizienz von Gebäuden verbessert werden.

Wie senkt der Kanton den eigenen Energieverbrauch?

Der Kanton ergreift verschiedene Massnahmen: Zum Beispiel werden die Büros der Verwaltung nur noch auf 18 – 20°C geheizt. Nicht sicherheitsrelevante Aussenbeleuchtungen werden abgeschaltet und die Wassertemperatur in den Hallenbädern gesenkt.

Wie wollen Sie die Aargauerinnen und Aargauer zum Energiesparen motivieren?

Wir unterstützen die Kampagne des Bundes und lancieren eine ergänzende Sensibilisierungskampagne unter dem Motto #JedeKilowattstundeZaehlt. Dabei werden die Aargauerinnen und Aargauer auf persönlicher Ebene angesprochen und zum sorgsamen Umgang mit Energie motiviert.

Was, wenn das nicht reicht?

Reichen die Sparappelle nicht aus, kommt es zu Einschränkungen und Verboten. Nicht zwingend nötige Geräte oder Anlagen, beispielsweise Saunen oder Leuchtreklamen müssen dann abgeschaltet werden. In einem weiteren Schritt würden Grossverbraucher kontingentiert. Solche Massnahmen verordnet jedoch der Bundesrat.

Welches Szenario halten Sie im kommenden Winter für realistisch?

Wenn das vorhandene Sparpotenzial genutzt wird, kommen wir mit verhältnismässig geringen Einschränkungen über die Runden. Dazu braucht es aber die Mithilfe von Bevölkerung und Wirtschaft. Einen massgeblichen Einfluss hat auch die Witterung, ein milder Winter würde sicher helfen.

Was ist Ihr persönlicher Energiespartipp?

Das grösste Sparpotenzial liegt bei den Wärmeanwendungen. Mit einfachen Massnahmen kann viel Energie eingespart werden: Eine Minute kürzer duschen, zuhause einen Pulli tragen und die Raumtemperatur um zwei Grad senken. Auch der EcoModus bei Waschmaschine und Geschirrspüler bringt viel.

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Sie wollen Strom sparen?

Hier finden Sie nützliche Energiespartipps

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